Widerrufsrecht für Darlehensnehmer

Der Europäische Gerichtshof hat am 26.03.2020 ein neues Urteil (Az.: C-66/19) über das Widerrufsrecht von Darlehensnehmern erlassen. In diesem Urteil ging es um einen Immobilien Darlehensvertrag der insbesondere eine Klausel mit folgender „Widerrufsinformation“ enthielt:

„Widerrufsrecht

Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. […]“

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass diese Klausel richtlinienwidrig ist, weil sie den Erfordernissen aus Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG nicht genügt. Nach dieser Regelung muss der Darlehensgeber den Verbraucher „in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren“. Es genügt also nicht, dass auf eine nationale Vorschrift verwiesen wird, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften verweist.

Rechtlich folgt aus dieser Richtlinienwidrigkeit, dass die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht in Lauf gesetzt wird. Dies bedeutet, dass Verbraucher, die zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 in Deutschland einen Vertrag über ein Immobiliendarlehen geschlossen haben, noch immer ein Widerrufsrecht haben. Nach Ausübung des Widerrufsrechts wird der Darlehensvertrag vollständig rückabgewickelt.

Praktisch hat dies vor allem zur Folge, dass der Verbraucher sowohl gezahlte Zinszahlungen als auch Zahlungen zur Darlehenstilgung zurückerhält. Zwar muss er der Bank den als Darlehen gewährten Betrag zurückzahlen; zugleich wird er aber rückwirkend von der Zinsbindung befreit. Diese Entscheidung wirkt sich auch auf bereits vollständig abgewickelte Darlehensverträge aus. Daher erhält der Verbraucher in den Fällen, in denen er zusätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat, auch diese Zahlung zurück.